Vor einiger Zeit haben wir in unserer Wohnung eine Malecke eingerichtet. Heute erzähle ich euch, wie wir das gemacht haben, was uns dabei wichtig war und vor allem, warum wir unbedingt eine solche Ecke haben wollten.
Schon beim Einzug – da war unser Sohn gerade vier Monate alt – wusste ich: Diese eine Ecke im Arbeitszimmer, das wird einmal seine Malecke! Ich wollte einen Ort für ihn schaffen, in dem er jederzeit selbstständig malen und basteln kann. Er soll uns nicht jedes Mal nach Papier oder Stiften fragen müssen. Ich möchte, dass das Herumwerkeln und Ausprobieren in dieser Ecke für ihn genau so normal ist wie das Spielen mit seinen Bauklötzen.
Als der Sohn etwas über ein Jahr war, machten wir uns an die Umsetzung meines Malecken-Plans. Der erste Versuch ging ziemlich daneben. Wir statteten die Malecke mit einem Teppich, einem kleinen Tisch und einem Kinderstuhl aus. Dass vor allem der Teppich eine Schnapsidee war, merkten wir nach ungefähr den ersten drei gemalten Strichen.
Ich recherchierte also noch einmal genauer und lernte viel. Zum Beispiel, dass es gut ist, wenn Kinder sich nicht auf die Standardformate DIN A4 oder A3 beschränken müssen. Für sie ist das Malen ein ganzheitliches Erlebnis und besonders kleine Kinder lieben ausladende Bewegungen. Deshalb ist es super, wenn sie die Möglichkeit haben, im Stehen zu malen. Diese Position ist für sie natürlicher und unterstützt das freie Spiel mit dem Stift.
Was generell für die Umgebung von Kindern wichtig ist, gilt auch für die Malecke: Sie sollte eine Ja-Umgebung sein, das heißt nicht zu sehr mit Verboten belegt werden. Wenn das Kind ständig ermahnt wird, dass es an dieser oder jener Stelle nicht malen darf, hemmt das seine Experimentierfreude.
Und so sieht unsere Malecke aus
Wir beschlossen, eine Ecke des Raumes komplett mit Hartfaserplatten zu verkleiden – inklusive Boden. Damit es völlig egal ist, wenn einmal ein Strich oder Klecks daneben geht. Außerdem war es mir wichtig, eine richtige Ecke zu haben, weil Kinder das Malen über Eck sehr spannend finden. Auf dem glatten Untergrund befestigen wir mit Kreppband das Papier. Wir haben uns dafür eine große Papierrolle zugelegt und schneiden je nach Bedarf zu.
In der Malecke steht ein kleiner Tisch und ein Stuhl, so dass das Kind durchaus auch im Sitzen malen kann. Hinter dem Tisch ist ein Spiegel angebracht. Denn vor allem jüngere Kinder lieben es, sich beim Tun zu beobachten.
Eingerahmt wird die Malecke durch ein niedriges Regal, auf dem Behälter mit Bunt- und Wachsmalstiften stehen. Dort liegt auch kleinformatiges Papier bereit, von dem sich der Sohn selbst bedienen kann.
In den Regalfächern stehen Körbe mit verschiedenen Materialien: Pappe in unterschiedlichen Formen, zerkleinertes Papier, Schwämme, Federn, Holzkugeln und Plüschbälle.
Im Moment spielt der Sohn einfach mit diesen Dingen. Später, wenn ich ihm auch flüssige Farben anbiete, wird er damit ganz vielfältige Spuren und Experimente machen können. Weil auch ich die Ecke zum Malen nutzen möchte, stehen auf einem für das Kind nicht erreichbaren Regal meine Malutensilien bereit.
Ganz wichtig ist, dass in der Malecke ALLES zum Bemalen freigegeben ist. Das Kind malt gern auch ohne Papier auf den braunen Platten – zum Beispiel während es sich über den Boden rollt. Auch vor Tisch und Regal macht es keinen Halt. Besonders interessant ist es, den Spiegel anzumalen – alle Linien sind dann plötzlich doppelt.
Wir lieben unsere Malecke. Sie ist ein Ort, der gemeinsamen Aktion. Es geht hier nicht darum, die tollsten Werke zu schaffen, sondern um das Machen selbst. Es gibt keine Regeln oder Vorgaben. Wir malen einfach zusammen. Währenddessen tauscht das Kind etwa alle 30 Sekunden den Stift mit uns, malt mal auf dem Boden, mal auf dem Tisch, mal an der Wand, mal auf seinem Bein, läuft herum, zerreißt Papier. Es ist ein Ort zum Spielen, zum Ausprobieren. Ein Ort, der sich wandeln wird, je nach Entwicklungsstand und Interessen des Kindes. Ein Ort, der frei sein soll von Richtig und Falsch, von Gut und Schlecht.
Am sichersten, dass diese Malecke eine wirklich gute Idee war, bin ich mir immer dann, wenn ich unseren Sohn beim Malen beobachte. Wie er einen Strich an der Wand macht, ein paar Schritte zurückgeht, seine Spur jauchzend betrachtet, dann wieder zur Wand rennt und den nächsten Strich setzt. Er ist dabei so ausgelassen und froh – Christopher und ich, wir high fiven uns jedes Mal mit Blicken. <3
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